Geschmacksache

Geschmacksache


Die Zunge kann nur vier verschiedene Geschmackseindrücke unterscheiden:

süss (Zungenspitze),

salzig (vorderer Zungenrand),

sauer (hinterer Zungenrand),

bitter (hintere Zungenplatte).

Geschmack ist erlernbar...

Wer Hering von Kaviar zu unterscheiden weiss, kann grundsätzlich auch Wein verkosten. An mangelndem Talent liegt es selten, wenn einer von sich sagt: "Ich kann Weine nicht erschmecken". Die sensorischen Voraussetzungen dazu erfüllt nahezu jeder gesunde Mensch. Den meisten fehlt es lediglich an Übung oder Erfahrung. Sie wissen nicht, worauf sie achten müssen. Sie scheuen sich, ihr Urteil abzugeben. Sie vermögen nicht, ihr Urteil in Worte zu kleiden.

Der Geschmack entscheidet bei den meisten Weintrinkern über Zustimmung oder Ablehnung eines Weins. Man nimmt einen Schluck aus dem Glas und prüft, ob der Wein fruchtig oder bitter, trocken oder lieblich, mild oder herb schmeckt. Sehr viel mehr wahrzunehmen, ist die Zunge gar nicht in der Lage. Sie kann nämlich nur vier Geschmackseindrücke registrieren süss, sauer, bitter, salzig. Der Geschmackssinn ist beim Menschen also nicht sehr hoch entwickelt. Hinzu kommt dass die Zahl der Geschmacksknospen an der Zunge (durchschnittlich 2000) mit steigendem Alter abnimmt. Die meisten Papillen weisen Neugeborene auf, die wenigsten Greise. Dennoch sind ältere Menschen oft besser in der Lage, Weine zu erschmecken — die Erfahrung macht es.

Der Duft des Weins wird sehr viel differenzierter wahrgenommen als der Geschmack. Man vermutet dass der Mensch zwischen 2000 und 4000 Gerüche unterscheiden kann. Obwohl er die grösste Befriedigung erst spürt, wenn er den Wein im Mund schmeckt kann er doch auch mit der Nase geniessen. Mehr noch: die Opulenz und den Facettenreichtum eines Weins erkennt der Mensch am Duft viel leichter als am Geschmack, wobei allerdings häufig beide miteinander verwechselt werden. Wenn der Wein durch den Hals fliesst gelangt sein Duft auch durch die Nasengänge an die Nasenschleimhaut. Der Mensch glaubt zu schmecken, was er in Wirklichkeit riecht.

Die Beurteilung des Weins steht am Ende des Probierens. Dabei geht es nicht nur um ein persönliches Geschmacksurteil, sondern um das Wahrnehmen. Etwa so: Handelt es sich um einen leichten oder einen körperreichen Wein? Ist er trocken oder hat er eine leichte Restsüsse? Duftet er nach Pfirsich oder Apfel? Ist er tanninreich oder tanninarm? Freilich: All das sagt nach nichts über die Qualität aus. Leichte Weine können genauso gut wie schwere Weine sein, halbtrockene so gut wie trockene. Und Pfirsich ist auch kein höherwertigerer Dutt als Apfel. Wer allerdings erkennt, dass es sich um einen eher an rohen Apfelmast erinnernden Duft handelt wird den Wein negativ beurteilen und persönlich einer Wein mit einem feinen Pfirsich-Duft vorziehen. Und wer einen körper- und tanninreichen Wein erwartet wird sich mit einem leichten Beaujolais nicht zufrieden stellen lassen, obwohl dieser anderen Weintrinkern wieder besser gefällt.

Rauchen und Kaffeegenuss können die Wahrnehmungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen. Je nach Intensität reizen sie die Nasenschleimhaut so stark, dass diese viele Stunden lang belegt bleibt. Die Wahrnehmungsschwelle für Düfte ist dann sehr hoch. Ähnliches gilt für Parfum und Rasierwasser. Beim Geschmackssinn wirken sich dagegen Kaffeegenuss und Rauchen weniger stark aus. Die Geschmacksknospen der Zunge haben sich nach ungefähr 15 Minuten wieder erholt